Wieder zurück in Moskau fahren wir mit dem Bus zur Metrostation. Ich habe schon geschrieben, daß man viel Geld sparen kann, wenn man öffentlich fährt. Es bedarf auch einer gewissen Widerstandskraft gegen die Angebote der Taxifahrer.

Auch noch eine Bemerkung zu Geld, es hilft nichts. Auf Grund der Sanktionen werden die Kreditkarten des Westen nicht akzeptiert. Entweder geht das Kauf vollkommen in bar über die Bühne, oder aber man richtet sich bei einer Bank ein Konto ein. Dann bekommt man eine Visa- oder MIR-Karte, mit der man sich bewegen kann. Russland ist sehr digital. Aber bar geht es manchmal auch. Gelegentlich geht es auch nur bar.

Angekommen im Hotel Aerostar sind wir überrascht. Ein sehr sowjetisches Hotel in der Ausstattung. Es gefällt uns, und es ist alles vorhanden. die Lage ist top: Leningradskii Prospekt 37 K 9.

Die Hotellobby

Wieder zu den den breiten Straßen. Nach dem wir die Metrostation Dynamo verlassen hatten, standen wir vor einer breiten Straße. Eine Überquerung nach deutschen Vorstellungen wäre lebensgefährlich. Man denkt schlicht nicht daran, ohne Tunnel oder Ampel diesen Prospekt zur überqueren.

Aus unserem Hotelfenster konnten wir eine Residenz betrachten, welche früher von den Fürsten und Königen genutzt wurde. Heute ist es ein Hotel der gehobenen Preisklasse. Soll es ja geben. Zimmerpreise sind sicher im Internet zu erfragen. Петровский Путевой Дворец findet man im Internet.

19.09.2022

Am Montag geht man selbstverständlich erst mal Einkaufen. Wir brauchen zwar nichts, aber wir wollten natürlich wissen, wie man in Moskau dieses lästige Program absolviert. Da auch die Berliner nicht ständig im KaDeWe einkaufen, suchten wir auf Empfehlung ein Zentrum auf, das sich MEGA nennt. Leute, es ist gewaltig. Moskau ist eben etwas größer als das uns gewohnte Berlin. Hier ist mal der Lageplan von dem Zentrum:

Wie auch bei uns sind diese Tempel von den großen Ketten geprägt. Bemerkenswert ist die Größe. Das Aschan hat eben mal 85 Kassen und die sind auch besetzt. Es gibt einfach alles. Die Regale sind gemäß den Informationen der deutsche Medien von den Sanktionen geprägt einfach mal voll. Alle Arten von Lebensmittel und Nichtlebensmittel sind vorhanden. Annette hat mal die Vielfalt am Beispiel von Zahnpasta fotografiert.

Natürlich kann man einwenden, ja das ist Moskau, nein, es ist überall so.

Aber die Sanktionen sind sichtbar. Die Kunden werden in den Schaufenstern darüber informiert, daß man vorübergehend nicht präsent ist. Es wird sicher den Einen oder Anderen geben, dem die Produkte von PRADA fehlen, aber es ist nicht so, daß deshalb das wirtschaftliche Leben Russlands in Mitleidenschaft gezogen ist. Es besteht bei den Menschen die Hoffnung auf Normalisierung. Der von Frau von der Leyen beschwörte Zustand der wirtschaftlichen Schwäche, den man mit den Sanktionen erreichen wollte, ist nicht in Sicht. Es ist bestenfalls naiv zu glauben, daß man in Russland die Regierung stürzt, weil es keine Luxusprodukte mehr gibt. Denn um genau diese handelt es sich hier. Über die menschlichen Werte, die in den Köpfen der Brüsseler Demokratieretter noch vorhanden sind, lasse ich mich hier nicht aus. Kommunikation verbindet eben die Völker. Und Handel ist eine Form der Kommunikation. Darüber lässt sich alles andere auch besprechen. Es sei denn, man will nicht.

Und hier wird deutlich, der Westen hat die Brücken abgerissen.

So ein Einkaufstag in Moskau ist alles andere als ein Spaziergang. Wir wollten es sehen, und wir konnten sehen, was hier so läuft. Sicher fehlen die Touristen aus dem Westen, oder besser deren Geld, aber es geht weiter.

Kasse 85

Die Rückfahrt im Bus in der Hauptverkehrszeit zeigt uns, daß es ein Verkehrsproblem in Moskau gibt. Es rollt, aber es ist einfach voll. Auch ist uns aufgefallen, daß der Tag hier etwas später als bei uns anfängt, so gegen 10:00 Uhr und sich dafür auch in den Abend hinein zieht. Eben eine Großstadt.

20.09.2022

Ein Tag im Herzen Moskaus. Wir hatten natürlich die Absicht auch den Kreml und die darin befindlichen Museen und Gebäude zu besichtigen.

Was wir nicht wissen konnten, an diesem Tag wurde die Teilmobilisierung im Kreml beschlossen. An den Fahrzeugbewegungen konnten man erkennen, hier wird heute „regiert“. Wir können es natürlich nicht wissen, aber sicher ist im Kreml immer Bewegung. „Früher“, in der Zeit der DDR waren wir mit einem Gruppenvisum in der Sowjetunion. Man durfte sich nicht von der Gruppe entfernen, was für einige von den damaligen Studenten kein Hinderungsgrund war sich privat mit Studenten in Moskau zu treffen. Damals war das schon aufregend. Heute sieht alles natürlich anders aus. Moskau ist viel größer geworden, die Probleme sind andere.

Wir hatten uns entschieden früh am Tag Eintrittskarten zu kaufen. Das war gut so, denn nach uns kamen einige Schulklassen und viele andere Touristen. Für den Eintritt in den Kreml von Moskau zahlten wir 500 Rubel je Person. In die Schatzkammer waren dann noch weitere 1000 Rubel zu zahlen. Das war es uns allemal wert.

Der Eintritt über den Alexandergarten ist geführt. Man kann nicht vom Weg abkommen und verfehlen kann man das auch nicht. Daß es ein großes Sicherheitsbedürfnis gibt, war uns klar. Im Kreml geht man nur auf den dafür vorgesehenen Wegen, und man wird sehr bestimmt auf Abweichungen vom Weg aufmerksam gemacht. Wir haben Verständnis. Über die einzelnen Objekte will ich hier weniger schreiben, diese sind sicher ausreichend im Internet beschrieben.

Bemerkenswert ist die öffentliche Toilette im Alexandergarten. Es hat die Sauberkeit eines 5-Sterne-Hotels, alle Verbrauchsmaterialien sind aufgefüllt und warmes Wasser zum Hände waschen. Ich war beeindruckt. Es ist nicht immer so.

Faszination verbreitet schon die „Оружейнфя палата“ . Von Größe und Umfang nicht mit der Eremitage in „Peter“ (in Russland scheinen alle diese Kurzform von Sankt Petersburg zu verwenden) zu vergleichen, aber es gibt ein sehr gutes Bild von der historischen Bedeutung der Exponate für die Russische Geschichte.

Nach diesen Eindrücken brauchten wir ein wenig Erholung für das Auge. Und so liefen wir um den Kreml herum zum Roten Platz. Die Basilius-Kathedrale lud uns förmlich zur Besichtigung ein.

Daneben ist bekanntlich ein sehr schönes Gebäude, in dem das berühmte GUM sein zu Hause hat. Natürlich wollten wir auch die Auswirkungen der Sanktionen des Westens auf die Situation im GUM sehen. Das letzte mal war ich 2018 im GUM. Ein deutlicher Unterschied zu heute. Wie auch im MEGA sind hier einige Geschäfte „vorübergehend“ aus „technischen“ Gründen geschlossen. Ich durfte das GUM schon 1985 sehen und erinnerte mich noch an den Eindruck der damaligen Gestaltung. Vieles war kleinteiliger und mehr als Markt gestaltet. Heute ist es einer dieser Einkaufstempel mit all den gleichen Marken, die weltweit in den Großstädten zu finden sind. Daß hier mal Produkte aus allen Landesteilen der Sowjetunion verkauft wurden, spürt man nicht mehr. Damals kaufte ich einen Rasierapparat mit Handaufzug, den ich heute noch habe. Vielleicht muß ich diesen zu Hause wieder benutzen, wenn der Strom wegbleibt. 😉

Die Preise im GUM sind natürlich an den Standort angepasst. Wer es nicht weiß, es gibt auch ein Kino und eine Kantine im GUM. Natürlich am Roten Platz ein Pflichtbesuch.

Weiter ging es zum „Старый Арбат“. Daß sich diese ehemalige Einkaufsmeile nicht zum Vorteil entwickelt hat, konnte man schon vielerorts lesen. Dennoch gibt es immer wieder Eindrücke zur Entwicklung dieser Stadt. Auch 2018 war ich in dieser Straße.

Am Abend des Tages erfuhren wir von der Teilmobilmachung. Ich telefonierte mit unseren russischen Freunde, und es war klar, es ist etwas Entscheidendes in Russland geschehen. Auf den Straßen verlief das Leben normal, aber in den Familien gab es auch Tränen. Die Sorge des Verlustes eines nahen Angehörigen wurde Realität.

21.09.2022

Moskau hat durchaus grüne Oasen und schöne Parks. Und alle erzählen eine Geschichte. Heute waren wir in einem besonderen Park. „коломенское“.
Für 250 Rubel bekommt man Zugang zu einem eindrucksvoll angelegten Park, in dem sich viele Moskauer erholen. Er liegt an der Moskva und beherbergt so einige Schätze der Geschichte Russlands. Im Sommerhaus des Zaren kann man Exponate aus seiner Zeit als Handwerksreisender durch Europa bestaunen. Natürlich ist in Moskau auch dieser Park sehr gepflegt. Ab Mittag sammeln sich die Menschen dort. Auch Schulklassen und Reisegruppen finden sich ein.

Im Park gibt es auch die Möglichkeit etwas zu essen, was wir auch taten. Nicht billig aber gut. Es gab Schaschlik von einem Aserbaidschaner.

Ein großer Wunsch war es früher einmal auf dem Moskauer Fernsehturm zu fahren. Dieses mal haben wir uns angemeldet und konnten eine besondere Sicherheitskontrolle erleben. Wir wurden drei mal vollständig wie am Flughafen kontrolliert. Ich habe durchaus Verständnis dafür, daß dieses Objekt von besonderer sicherheitspolitischer Bedeutung ist, aber dieses hat mich doch sehr beeindruckt.

Aber wir wurden belohnt mit einem sagenhaften Ausblick über Moskau.
Unmittelbar neben dem Fernsehturm Ostankino ist das Gelände der ehemaligen „Allunionsausstellung“ (ВДНХ), so heißt auch der Name der Metrostation. Gewaltige Gebäude bilden den Eingang zur dieser Ausstellung und auch gewaltige Besucherströme kommen zu dieser großflächigen Anlage . Beim nächsten mal werden auch wir dabei sein. Von oben gibt es einen guten Überblick.

Zurück in der Metrostation Dynamo überkommt uns das Bedürfnis einen Korkenzieher zu kaufen. Im Stadion von Dynamo gibt es ein Einkaufszentrum, in dem man uns für 850 Rubel einen anbietet, den wir später am Flughafen von Istanbul an der Kontrolle wieder abgeben. So ist das eben, wenn man Flugreisen macht.
Hier ist uns auch wieder ein Sanktionsergebnis begegnet. Es gibt ja Leute, die behaupten, daß hier die selben Produkte wie bei MC Donalds verkauft werden. Wir haben es nicht probiert.

Der Blick auf das nächtliche Moskau

22.09.2022

Die Zeit vergeht wie im Fluge. Wir haben noch die Kunst im Blick und wollen unbedingt die Tretjakow Galerie besuchen. Moskau City soll sich auch weiterentwickelt haben. Wir wollen es sehen.

Die Kunstsammler – Geschwister Sergei und Pawel Tretjakow haben diese bedeutenden Sammlung von Gemälden russischer Künstler zusammengetragen und der Stadt Moskau übereignet. Es ist eine Freude für uns hier zu sein.

Auf dem Weg durch die Stadt kam uns die Idee mit einem Fahrgastschiff die Moskva zu befahren. Mein kleines Abzeichen trägt immer dazu bei im Gespräch zu bleiben.

Zu guter Letzt waren wir noch im imposanten Stadtteil Moskau City. Da das Parkplatzproblem hier genau so ausgeprägt ist wie in Berlin, durften wir einem Abschleppvorgang beiwohnen. Hier hält man wohl eben Wort.

Hier herrscht geschäftiges Treiben. Vor 4 Jahren wahr hier noch nicht viel los. Jetzt ist es immer noch eine große Baustelle, aber offensichtlich arbeiten hier sehr viele Menschen. Ob es ein Ort zum Wohnen ist? Das man zum Kapitalmarktgestalter dazugehören will, ist nicht zu übersehen.

23.09.2023

Unsere Route ist Moskau- Kazan- Istanbul-Berlin. Man muß es wollen. Wir wollten. Um 8:15 Uhr ging unser Flug nach Kazan. Wir hatten uns zu einem Taxi entschlossen, daß uns in aller Frühe zum Flughafen bringt. Anstatt der geplanten 55 min brauchte. der Fahrer nur 30 min. Die Straßen waren leer.

Diesmal sprachen wir mit dem dem Taxifahrer nicht über dies und das, sondern über die Teilmobilmachung und deren Folgen. Wir erfuhren, daß die Flugtickets nun auf 300.000 Rubel ansteigen und daß es eine große Anzahl von jungen Leuten gäbe, die das Land verlassen wollen. In Moskau war davon natürlich nichts zu sehen. Der Fahrer kam aus Armenien und kam schon nach Moskau als die Stadt noch 5 Mio. Einwohner hatte. Er und wir brachten unsere gemeinsamen Sorgen zum Ausdruck und natürlich war auch die Rolle Deutschlands eine Frage wert. Wir hatten wohl das gleiche Alter und er wusste natürlich auch über seine Dienstzeit in der DDR zu berichten. Das ist mir sehr oft begegnet. Eventuell sollte sich der eine oder andere deutsche Politiker mal die Frage stellen, woher die etwas andere Sicht der Menschen im Osten Deutschlands kommt.

Der Flug mit Aeroflot war problemlos. Die Türkisch Airways hatte wieder ein Problem mit dem dem pünktlichen Start, was sich selbstverständlich auf den Anschlussflug in Istanbul auswirkte. Beim Aussteigen kommen wir noch mit einer Familie aus Russland ins Gespräch. Wieder eine Freude. Sie sind mit uns Deutschen. Man kann es kaum glauben. Gemeint ist alle Herzlichkeit gegenüber den Menschen. Ein gewisses Bedauern um die Last unter der derzeitigen Regierung ist nicht zu verheimlichen. Von Russland aus fühlt sich Deutschland anders an.

In Istanbul war es eine Hetzerei…..
Da wir auf der Durchreise waren glaubten wir, daß der Wechsel auf dem Terminal F leicht zu bewerkstelligen sei. Nein, wir mußten noch einmal durch eine Personen-und Sachkontrolle. Hier war der Korkenzieher das Opfer, welches wir bereitwillig brachten. Im Flugzeug nach Berlin kam die Ruhe zurück, natürlich auch, weil wir wussten, daß wir abgeholt werden und nur Handgepäck hatten.

Wir werden sicher wieder nach Russland kommen, um die guten Kontakte zu pflegen. Wir kommen gern.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Wolfgang Köntopf

    Eine sehr interessante Reise. lieber Torsten, die Ihr mutig, offen und tolerant angetreten habt. Heimlich habe ich immer gehofft, dass der herzliche Kontakt, der in früheren Zeiten ganz normal zwischen unseren Ländern ablief, nicht aus unserem Leben verschwindet. Du hast so manches in Deinem Reisebericht „gerade gerückt“, was die Medien in Deutschland bewusst verschweigen oder gar falsch darstellen ! Bei aller Tragik des Geschehens ist es sehr wichtig, dass Menschen miteinander „umgehen“, sich austauschen, und ihre Standpunkte beraten. Das war schon immer das beste Mittel, Konflikte zu entschärfen und sich die Hand zu reichen ! Gut also in diesem Sinne, dass Du mit Annette diesen Freundschaftsbesuch gestartet hast , und auch gut, dass Menschen in Russland mitbekommen, das es auch andere Deutsche gibt, die sich nicht der „Volksverhetzung“ anschliessen…(das hatten wir doch schon mal)….Euch Botschaftern des Friedens alles Gute, vielleicht gibt es von Euch ja noch ne Fortsetzung, darauf wartet herzlich Wolfgang

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