Heute haben wir die Stadt Sowjetsk auf dem Program. Den meisten ist bekannt, daß die Stadt vor 1946 Tilsit genannte wurde. Einige Werden die bekannte Käsesorte „Tilsiter“ kennen, der seinen Ursprung in dieser Stadt hat. 

Andere werden sich schon mit dem „Tilsiter Frieden von 1807 “ beschäftigt haben. 

Mit dem Auto fährt man 108 km nach Osten bis an die Grenze nach Litauen. Die Memel ist der Grenzfluss.

Gemälde von Adolphe Roehn (1799–1864)

Das wesentliche Ergebnis für heute ist wohl, daß Russland damals Preußen die Existenz sicherte.  Neben den bereits von mir erwähnten historischen Bindungen der Völker Russlands und Deutschlands, kommt hier ein wesentliches Historisches Ergebnis hinzu. Über die Einzelheiten des Zustandekommens dieses Vertrages, der natürlich auch eine Demütigung des Preußischen Königs darstellte, will ich hier nicht weiter eingehen. Die Geschichte steht jedem offen, der bereit ist sich damit zu beschäftigen und die nötigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Mit Blick auf die heutige Situation, insbesondere zu den Sanktionen gegen Russland, ist das außenpolitische Handeln Deutschlands geradezu grotesk. 

Auch vor dem Hintergrund der Ergebnisse des Potsdamer Abkommens in Verbindung mit der Konferenz von Jalta bleibt festzustellen, daß Russland noch nie in der jüngeren Geschichte eine Gefahr, geschweige denn eine Bedrohung Deutschlands darstellte. Ganz im Gegensatz dazu hatten Politiker des Westens schon früher Pläne Deutschland als politisches ökonomisches  Konstrukt von der Landkarte verschwinden zu lassen. Jedes mal, wenn es für Deutschland eng wurde, stand Russland oder die Sowjetunion schützend davor. Vor allem daran erinnert der Frieden von Tilsit die Deutschen.

Eine Diskussion mit von historischen Kenntnissen befreiten Zeitgenossen die mal das Wort „Völkerrecht“ auswendig gelernt haben, ist sinnlos und Zeitverschwendung. Es bleibt die Hoffnung, daß die Deutschen sich ihrer historischen Situation und damit ihrer Verantwortung für einen Frieden mit Russland bewusst sind. Ganz bewusst rede ich hier nicht von einer Schuld. 

Das Thema Schuld ist eine weites Feld. Hier empfehle ich die Lektüre von Prof. Eugen Drewermann, denn ich sehr schätze.

Der Elch von Tilsit

Ein weiteres Wahrzeichen auf das wir durch Familienfotos aufmerksam wurden. Der Vater meiner Frau Annette wird in Tilsit geboren. Auch das war ein Grund Tilsit einmal zu besuchen. Aus den Aufzeichnungen des Onkels ging hervor, daß die Familie gegenüber einer Kaserne wohnte. Die Straße hieß damals Bahnhofofstraße, heute красноармейская ул.
Die Kaserne gibt es heute noch und ist auch von der russischen Armee genutzt. Im Ergebnis des 2. Weltkrieges gelangte Ostpreußen in die staatliche Hoheit der Sowjetunion. Wir fragten uns, wie denn das so abgelaufen war, nach 1946. 

Das die Deutschen diese, ihre Heimat verlassen mussten ist eine leidvolle Erfahrung, die in Deutschland thematisiert ist. Wie aber sind die neuen Bewohner nach Ostpreußen gekommen? Was haben sie gefühlt, wenn sie in eine Gebiet zogen, daß schon etwa 900 Jahre von Deutschen geprägt wurde? Diese und viele weitere Fragen bewegten uns bei dem Besuch dieser Stadt. 

Die Antwort werden uns nur die Bewohner geben können deren Familien sich hier niederließen. Auch das ist eine, wenn auch leidvolle Beziehung zu dem russischen Volk.

In Einem Gespräch mit einer Buchhändlerin konnten wir erfahren, daß in den ersten 10 Jahren nach dem Ende der Sowjetunion  einige Deutsche gekommen waren. Das ließ dann aber nach. Die Emotionen der „alten Tilsiter“ können wir nur ahnen. 

Denkmal vor dem Bahnhof für die Umgesiedelten aus der Sowjetunion.
Kaserne heute

Eine Kopie der Skulptur Soldat mit Kind aus dem Treptower park in Berlin wurde hier in Советск 1956 errichtet. Die Künstler machten es der Stadt zum Geschenk. 

Eindrücke 

Auf der Rückreise nach Kaliningrad machten wir einen Abstecher zum Kurischen Haff. Scheinbar etwas abgelegen, dennoch sehenswert.

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